24.04.2024 | Universitätsklinikum Tübingen | News

Schwere Nebenwirkungen bei Immuntherapien verhindern

Neue Studie liefert Erklärung für die Entstehung einer Lungenentzündung bei Krebsimmuntherapie
Autoimmunreaktionen gegen ein wichtiges Lungenprotein könnten Lungenentzündungen während Immuntherapien bei Lungenkrebs auslösen. Zu dieser Erkenntnis kommt eine Studie unter der Leitung der Universitätshautklinik Tübingen und des Kantonsspital St. Gallen. Die Studienergebnisse könnten dazu beitragen, Patientinnen und Patienten zu identifizieren, die ein erhöhtes Risiko für diese schwerwiegende Nebenwirkung haben. Daraus könnten sogenannte Biomarker abgeleitet werden, um Ärztinnen und Ärzte dabei zu helfen, Risiken besser zu bewerten und Behandlungen anzupassen. Die Studie wurde im Fachjournal „American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine” veröffentlicht.

Lungenkrebs ist weiterhin die mit Abstand gefährlichste Krebsart und war 2022 für fast ein Fünftel aller krebsbedingten Todesfälle weltweit verantwortlich. Allein in Deutschland starben 2022 rund 45.000 Menschen an der Krankheit. Mit innovativen Krebstherapien wie etwa sogenannten „Checkpoint-Inhibitor-basierten“ Immuntherapien haben sich die Behandlungsmöglichkeiten von Lungentumoren in den vergangenen Jahren verbessert. Diese Behandlungen basieren auf der Blockade von bestimmten Signalwegen innerhalb unseres Immunsystems, die dadurch eine Abwehrreaktion gegen Tumorzellen provozieren.
 

Innovative Therapieform mit Nebenwirkungen 

Obwohl der Einsatz solcher Immuntherapien die Prognose für Betroffene deutlich verbessert hat, ist die Therapie nicht nebenwirkungsfrei. Die Immun-Checkpoint-Inhibitor Therapie kann eine schwerwiegende Lungenentzündung bei bis zu 20 Prozent der betroffenen Patientinnen und Patienten verursachen, deren Gesundheit durch den Lungenkrebs ohnehin schon massiv angegriffen ist. Warum genau manche Betroffene an dieser Nebenwirkung leiden, während andere verschont bleiben, war bisher unklar.
 

Autoantikörper und Immunzellen geben Aufschluss

Die Studie unter der Leitung von Prof. Dr. Lukas Flatz, Sektionsleiter Dermato-Onkologie am Universitätsklinikum Tübingen und Erstautorin Nina Wyss, Assistenzärztin am Kantonsspital St. Gallen, liefert mögliche Ursachen. Die Forschenden analysierten dazu Blutproben von Lungenkrebspatienten, um nach autoimmunen Reaktionen zu suchen und um Autoantikörper zu identifizieren, die mit der Entwicklung von Lungenentzündungen in Verbindung stehen. Autoantikörper sind Antikörper, die vom Immunsystem gebildet werden und sich gegen körpereigenes Gewebe richten. „Wir konnten herausfinden, dass Patientinnen und Patienten, die eine Lungenentzündung entwickelten, vor Behandlungsbeginn eine höhere Konzentration von bestimmten Autoantikörpern gegen ein wichtiges Lungenprotein aufwiesen“, erläutert Nina Wyss. Dieses Protein ist wichtig für die Funktion der Lungenoberfläche. „Darüber hinaus wiesen die betroffenen Patientinnen und Patienten zu Beginn der Lungenentzündung eine höhere Häufigkeit von speziellen Immunzellen auf“, ergänzt Erstautorin Wyss.
 

Wegweisende Ergebnisse für den zukünftigen Einsatz von Immuntherapien

Die Forschenden leiten aus den Ergebnissen ab, dass das vermehrte Auftreten von Autoantikörpern und Immunzellen mit der Entwicklung einer Lungenentzündung während einer Immun-Checkpoint-Inhibitor Therapie in Zusammenhang steht. „Die Ergebnisse könnten dazu beitragen, Patientinnen und Patienten zu identifizieren, die ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung dieser Nebenwirkung aufweisen. Zudem haben sie das Potenzial, die Sicherheit und Wirksamkeit der Immuntherapie für Patientinnen und Patienten mit Lungenkrebs zu verbessern“, ist sich Prof. Dr. Lukas Flatz vom Universitätsklinikum Tübingen sicher. Weitere Studien seien aber noch von Nöten, um die Ergebnisse zu verifizieren.

Weitere Informationen

Experte:
Prof. Dr. Lukas Flatz
Universitätshautklinik
Sektionsleiter Dermato-Onkologie

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Publikation:
Autoimmunity Against Surfactant Protein B Is Associated with Pneumonitis During Checkpoint Blockade. DOI: https://doi.org/10.1164/rccm.202311-2136OC
Quelle:
https://www.medizin.uni-tuebingen.de/de/das-klinikum/pressemeldungen/638